Posts

Leistungswelt

Bild
Leistung - das habe ich als 16-Jähriger von der schönen Physiklehrerin gelernt - ist Kraft mal Weg durch Zeit: K x s : t. Das alles ist messbar: der Kraftaufwand, die Wegstrecke und die Zeit.  Messbarkeit hat uns geprägt und ist für viele das Einzige, was zählt: Der Umsatz, die Menge, der Gewinn... . Schade eigentlich, denn das Nichtmessbare ist ebenfalls Realität und eigentlich viel eindrücklicher und oft entscheidender: Die Liebe, das Wohlfühlen, der Frieden, das Schöne aber auch die Einsamkeit, die Trauer... Dazu eine Geschichte: In einem heissn Sommer, vor vielen Jahren, unternahmen wir eine Wanderung in den Grand Canyon. Vom South-Rim über den "Indian Garden" ganz hinunter bis zum Colorado River und zur Phantom Ranch. Gerne habe ich dann vielen Leuten erzählt, dass ich im Sommer im Grand Canyon unten war. "Wie lang hast Du gebraucht?" fragte mich jeder, wirklich jeder, ganz spontan. "Zwei Tage", antwortete ich, "wir haben unten übernachtet."

Raumzeitgeschichte

Bild
"Du hast's schön", bemerkte die rastlose Zeit – jeden Tag - im Vorbeirauschen. "Du kannst bleiben, ich muss immer weiter". "Du hast's schön", erwiderte der griesgrämige Raum, „Du erlebst viel und mir wird langweilig". "Du hast drei Dimensionen, ich nur eine", meinte die Zeit beim nächsten Durchflug. "Du bist auf der ganzen Welt und ich nur hier", beklagte sich der Raum. So ging das Tag für Tag. Immer dann wenn die Zeit beim Raum vorbei eilte. Jeder beneidete den anderen, bis die Zeit eines Tages feststellte: "Du bist männlich, ich bin weiblich". "Ist das ein Nachteil?" fragte der Raum. "Ist das ein Nachteil? Ist das ein Vorteil?" nahm die Zeit auf ihre unendliche Reise mit und wurde gewahr, dass Zeit und Raum in Vor-Teil und Nach-Teil vorkommen. Was sagt uns die Geschichte? Raum und Zeit gehören zusammen, indem sich die Zeit durch den Raum bewegt – oder, wenn wir die Zeit als Konstante anschaue

Es träumte mir vergangene Nacht...

Bild
Also normalerweise träume ich lebhaft, farbig, aufregend.  Nur letzte Nacht träumte ich, ich schlafe...  ...und erwachte doppelt so ausgeruht.

Ritual

Bild
Heute fand ich im Briefkasten einen Briefumschlag auf dem sich links oben eine Pfadfinderlilie auf grünem und ein dreiblättriges Kleeblatt auf blauem Hintergrund befand. Schweizerische PfadfinderInnenbund hiess der Absender; nichts Weltbewegendes. Doch die «Pfadililie» - in der Schweiz werden männliche Pfadfinder «Pfadi» genannt - löste in mir Erinnerungen aus, an Kolleginnen und Kollegen mit denen ich Erlebnisse teilen durfte und Dankbarkeit für diese schöne, lehrreiche Zeit. Weiter kamen mir Geschichten in den Sinn, ganze - manchmal auch nicht ganz stubenreine - Liedtexte und unvergessliche Rituale, die mir ein Schmunzeln entlockten, besonders die eine unglaubliche Zeremonie: In jedem Winterlager der Pfadis unseres Zuges, zwischen dem 26. Dezember und Anfang Januar, versammelten wir uns  jeden Morgen,  vor dem Frühstück,  in Reih und Glied  beim Fahnenmast. Einer von uns, der sich am Vortag besonders ausgezeichnet hatte, durfte die Fahne hissen, während ein anderer, ehrenvoller Pfadi

Ich lehne mich dagegen auf

Bild
Zwei Dinge seien schon mal vorweggenommen: Ich mag viele Macken haben, aber ein Angstneurotiker bin ich definitiv nicht! Ich trage die Gesichtsmaske – selbstverständlich! Jedoch lehne ich mich dagegen auf, dass mein Blick bei der Begegnung mit anderen Menschen unwillkürlich zum Boden hingleitet, nur weil dieser eine Gesichtsmaske trägt. Zudem weigere ich mich, andere Menschen als potenzielle Gefährder, Überträger des Virus’ und damit als Feinde zu betrachten. Denn das sind Impulse die ich bei mir entdeckt habe und die ich nicht akzeptieren will. Als aufmerksamer Mensch mache ich mir natürlich Gedanken darüber, dass möglicherweise andere ganz ähnliche Abgrenzungsimpulse haben. Wenn das denn so wäre, hätte das Auswirkungen auf unser gesellschaftliches Zusammensein, deren Chancen und Gefahren ich noch nicht abzuschätzen vermag. Für mich ist jedoch klar: Ich mache da nicht mit, weil ich mit den anderen Lebewesen verbunden bin.

Nuancen in Grau

Bild
Eigentlich sollten wir jetzt in Argentinien sein. In Argentinien, weil seit letzten Freitag, 17 Uhr, bei uns die Herbstferien ausgebrochen sind und unsere Idee war, da hin zu reisen. Nur haben wir schnell einmal bemerkt, dass dies 2020 kein guter Plan wäre. Also haben wir uns für die Schweiz entschieden, denn … «die Schweiz ist ja auch schön!» Doch die Schweiz ist nicht schön! Die Schweiz ist hässlich, genauso hässlich wie Wanne-Eikel, Upflamör, der Titicacasee oder Tschitschiwauwau, wenn’s regnet. Da wir uns nun darin üben, das Gute im Schlechten zu sehen, bewundern wir jedes Nebelchen, das dem tropfnassen, düsteren Regenwald in den grauen Himmel entsteigt, jede scheinbare Aufhellung im Dunkelgrau, jede spiegelnde Pfütze, die ein einmaliges Kunstwerk darstellt. Und wenn es gerade mal nicht regnet, geraten wir innerlich in Aufruhr, die sich in einem veritablen Begeisterungstaumel zu entladen drohte, wenn da nicht die nächsten, triefenden Regenwolken dem sich anbahnenden, emotionalen Hö

Beziehungen

Ein Bekannter – letzten Samstag – fragte mich an einem Fest: «Wie geht’s dir?». Ohne meine Antwort abzuwarten erzählt er mir, wie viel er zu tun hat, wie sein Chef es schätzt, dass er «die Festung» hält und als einziger im Lockdown  100% gearbeitet hat. Weiter erzählt er mir, dass er keine Angst vor der Zukunft habe, denn er sei finanziell abgesichert… ich höre ihm – anständig, wie ich bin – zu. Weil er mich kaum anschaut, bemerkt er auch nicht, wie meine Augen ab und zu abschweifen, zu den anderen Gästen hin, denn er hat jemanden gefunden der bleibt, zuhört. Irgendwann entschuldige ich mich und sage ihm, dass ich noch andere, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe, begrüssen möchte. Er bleibt ein Bekannter. Ich bleibe ein Bekannter von ihm. Ein wenig später, am selben Fest, begrüsse ich einen anderen Bekannten: «Hallo ..., habe dich schon lange nicht mehr gesehen, schön, dass du auch da bist…». «Wie geht’s?» fragt er und ich erwidere: «Gut, danke und dir?» «Gut.» Dann sagt er zu