Grüäzi

Ich bin definitiv ein Schweizer Landei. 
Wenn ich bei uns durch’s Städtchen gehe oder mit meinem geliebten Mountainbikeike radle, sagt man sich "Grüäzi". Gerade heute wieder die Pöstlerin, die am Samstag Briefe austrägt, sonst jemand, sonst jemand, sonst jemand und unbekannt... 
Dass wir wildfremden Menschen auf der Strasse „Grrüäzi“ sagen, wurde mir - wieder einmal  mehr - erst so richtig bewusst, als ich vorletzte Woche in Deutschland war. Ich sagte jedem der vorbei ging „Hallo“ – „Grüäzi“ hätten sie ja vielleicht falsch verstanden oder so – auf jeden Fall, kaum jemand antwortete. Auf dem engen Gang im Yogazentrum, auf der Strasse, im Restaurant, beim Spaziergang durch den Kurpark: „Hallo“, "Grüss Gott" – „Schweigen“.
Ist halt so. Auch ok!
Aber mir ist’s am Herzen, den Leuten „Grüäzi“ oder in der landesüblichen Sprache irgendwie „Hello“, „Buon giorno“, „Jià Su“, „HI“, „Bonjour“... zu sagen und ich freue mich, wenn dies andere auch tun. Wir nehmen uns zur Kenntnis und fühlen uns für eine Millisekunde verbunden, was wir ja in Tat und Wahrheit auch sind.
„Grüäzi“ ist einmalig – unnachahmbar – für Anderssprachige kaum richtig aussprechbar. Daran erkennt man den echten Deutschschweizer in der ganzen Welt. 
Ich freue mich aber darüber, wenn Nicht-Deutschschweizer sich bemühen, „Grüäzi“ zu sagen. Deutsche höre ich „Grü-ezi“ sagen oder „Grützi“, „Grüüüzi“ und der Mensch aus Sri Lanka an der Cafeteriakasse am Unispital? „Gürzi“. Unverwechselbar, spektakulär, sympathisch. Wir machten immer bei ihm zum Kaffee ab: „Wo treffen wir uns?“ – „Beim Gürzi“.

© J-PC
Jean-Pierre Crittin, CH-8645 Rapperswil-Jona

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